Die 3 größten Missverständnisse über Social Selling und wie man es richtig macht.
Social Selling ist ein neuer Vertriebsansatz, der durch die Entwicklung der sozialen Plattformen in den letzten Jahren entstanden ist. Dieser Ansatz kann sehr wirksam sein, aber führt auch zu vielen Missverständnissen. Mit den 3 Größten möchte ich hier aufräumen:
1. Social Selling ist kein Direktverkauf
Wenn Sie den Ausdruck Social Selling hören, kommen Ihnen wahrscheinlich Werbeanzeigen oder Kontaktanfragen mit Werbecharakter in den Sinn. Wie oft haben Sie schon nach dem Akzeptieren einer unbekannten Kontaktanfrage sofort eine Nachricht bekommen, wo der neue Kontakt versucht, Ihnen etwas zu verkaufen? Die Reaktion auf den Kontakt ist selten der Wunsch, das angebotene Produkt zu kaufen, sondern eher Gereiztheit und das Bereuen, die Anfrage akzeptiert zu haben.
Das Grundproblem mit dem Social Selling beruht darauf, dass es eine der am meisten verwirrenden Formen des Vertriebs und Marketings ist, da viele Menschen nicht verstehen, was es überhaupt bedeutet.
Es beginnt schon beim Begriff selbst: nicht selten wird unter Social Selling die reine Verkaufstätigkeit auf den sozialen Netzwerken verstanden. Selling bedeutet ja wortwörtlich aus dem Englischen übersetzt "Verkaufen". So impliziert der Begriff, dass es dabei um einen Direktverkauf auf den sozialen Plattformen geht. Darin liegt auch der größte Irrtum.
Auch wenn einige soziale Netzwerke Marktplätze bieten - Beispiel Facebook oder diverse Xing-Gruppen – geht es beim Social Selling nicht um den direkten Verkauf. Stattdessen beginnt man mit dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen, die im weiteren Sinne und in späterer Folge eventuell zu einer Geschäftsbeziehung führen könnten.
Social Selling ermöglicht es Unternehmen, ein Netzwerk innerhalb der eigenen Zielgruppe aufzubauen, was letztendlich zu mehr Geschäft führen soll.
Statt sich mit Werbung oder Verkaufs-Nachrichten an Menschen zu wenden, nutzen die erfolgreichen Vertriebsorganisationen Social Media in erster Linie, um Interessenten zu finden, Markenbewusstsein zu schaffen und Beziehungen zu potenziellen Kunden aufzubauen.
Social Selling wird durch eine viel tiefer gehende Art der Vertriebstätigkeit definiert, als der reine Verkaufsakt. Es ist die Kunst, stärkere Beziehungen zu potenziellen Käufern aufzubauen, die auf Authentizität, Einfühlungsvermögen, einem Hauch von Wohlwollen und einem tiefen Verständnis für die individuellen Herausforderungen Ihrer Kunden basieren.
2. Social Selling ist kein Werbekanal
Früher haben Marketingabteilungen sogenannte Outbound-Marketing-Techniken praktiziert, auch Push-Marketing genannt. Im Grunde ging es hier um das Hinaustragen der Unternehmensbotschaften – überwiegend mit Werbecharakter - über diverse Medien: TV, Print und Radio. Später kamen Telemarketing-Callcenter dazu und mit ihnen die direkte Kundenansprache, die sie in einem damals noch nie da gewesenen Ausmaß nutzten. Als Nächstes kam das E-Mail-Direktmarketing, das sich als eines der wichtigsten Akquise-Instrumente für Vertriebsmitarbeiter entwickelte.
Die übermäßige Nutzung dieser Ansätze führte letztendlich dazu, dass Kunden gegen Kaltakquise und E-Mail-Marketing zu rebellieren begannen und diese als Spam gekennzeichnet wurden. Bis zur letztendlichen Konsequenz, die durch die DSGVO gezogen wurde und diese Techniken verboten wurden.
Parallel zu diesen Entwicklungen haben sich das Internet und die Sozialen Netzwerke stark weiterentwickelt und so begannen die Kunden zunehmend, ihre eigenen Online-Recherchen durchzuführen, was zu einer ultimativen Verlagerung des Kundenbildungsprozesses führte und die Macht über die Kundenbeziehung direkt in ihre Hände legte.
Folglich verlieren die Vertriebs- und Marketingorganisationen die Macht über die Kundenbeziehung und die Kontrolle über deren Kaufprozess. Dies führt zu einer den größten Herausforderungen der modernen Vertriebsorganisation: Kunden auf den verschiedenen Stufen des Entscheidungsprozesses zu erreichen und sich durch den angebotenen Mehrwert zu differenzieren.
Heute kämpfen Vertriebsmitarbeiter darum, Kunden zu gewinnen, die in einer digitalen Welt leben, die durch unendliche Auswahl, Mobilität, Informationsüberlastung und sich schnell verändernde Technologien gekennzeichnet ist. Und hier kann Social Selling ein wichtiges Werkzeug sein, um Kunden auf ihrer Ebene zu erreichen.
Dabei geht es darum, die richtigen Leute nur mit den Themen zu beschäftigen, die sie interessieren und die sie letztendlich dazu motivieren könnten, mit Ihnen Geschäfte zu machen. In erster Linie bedeutet dies, die übermäßig werbliche Vermarktung von Inhalten zu stoppen. Denn sonst ist es einfach nur ein zusätzlicher Werbekanal und das ist nicht der Sinn des Social Sellings.
Social Selling ist nicht der neue Kanal für Spam.
Denken Sie daran: Spam - unabhängig davon, ob es über E-Mail oder soziale Kanäle gesendet wird - ist immer noch Spam.
Generieren Sie stattdessen Inhalte, die zu einer offeneren Konversation über die Probleme, mit denen Ihre Kunden konfrontiert sind, anregen, wodurch Ihr Produkt für einen Moment aus dem Blickfeld gerät. Bei der Erstellung von Inhalten sollte die Wertschöpfung im Vordergrund stehen. Dies gilt insbesondere für die ersten paar Interaktionen mit einem neuen Kontakt. Bieten Sie Einblicke, wertvolle Informationen und Problemlösungen oder suchen Sie Wege, um ein Gespräch zu beginnen und vermeiden Sie es dabei, Werbung für Ihre Produkte zu machen.
3. Social Selling ist nicht (nur) eine Marketing-Aufgabe
Beim Social Selling geht es um die Erstellung und das Teilen von Inhalten. Da der Inhalt im Allgemeinen die Aufgabe des Marketings ist, wird oft angenommen, dass Social Selling eine Marketing-Aufgabe ist. Das ist falsch.
Wie können Vertriebsprofis mit potenziellen Kunden interagieren und dabei ihre Expertise demonstrieren, wenn sie nicht die Arbeit selbst machen?
Social Selling sollte nicht dem Marketing allein überlassen werden, sondern sollte in enger Zusammenarbeit mit dem Marketing strategisch und überlegt angegangen werden. Dabei reicht es nicht, einfach Social Media Accounts für Vertriebsmitarbeiter einzurichten und dieselben Inhalte zur gleichen Zeit posten, dies sieht nicht authentisch aus. Machen Sie das nicht.
Beim Social Selling geht auch es nicht darum, so viel Inhalt wie möglich zu teilen. Niemand mag wen, der nicht die Klappe hält, und in den sozialen Medien ist es genauso. Beim Social Selling geht es genauso viel - wenn nicht sogar mehr - darum, Kunden zuzuhören, um ihre Bedürfnisse zu entdecken, sowie auch die eigene Position als Experte in dem jeweiligen Gebiet zu stärken.
Durch Social Selling können Vertriebsmitarbeiter, die ein starkes Netzwerk auf verschiedenen Social Media Kanälen aufbauen, wertvolle Kontakte zu potenziellen Kunden knüpfen. Dies erleichtert die Gewinnung neuer Leads und kann sofort ein Gefühl des Vertrauens und der Verbundenheit erzeugen, was sowohl für Kunden als auch für die Verkäufer von entscheidender Bedeutung ist.
Social Selling erhöht die Quantität und die Qualität der Leads. Verkäufer, die mit wertvollen Inhalten ausgestattet sind, werden zu Vordenkern, die ihren beruflichen Netzwerken einen Mehrwert bieten. Menschen auf LinkedIn oder Xing beispielsweise sind an dieser Art von Informationen besonders interessiert. Außerdem neigen Menschen dazu, Empfehlungen von Freunden und Kollegen, anstatt reinen Marketing- und Werbe-Aussagen, zu vertrauen.
Richtig gemacht, ist Social Selling ein sehr wirksamer Vertriebskanal
Es ist erwiesen, dass Social Selling funktioniert. Potenzielle Kunden verlassen sich bei ihren Kaufentscheidungen stark auf soziale Netzwerke.
Laut IDC nutzen 75 % der B2B-Einkäufer und 84 % der Führungskräfte Kontakte und Informationen aus sozialen Plattformen als Teil ihres Beschaffungsprozesses.
Laut LinkedIn sind 76% der Käufer bereit, über Social Media mit potenziellen Lieferanten zu interagieren, und mehr als 62% der B2B-Einkäufer reagieren auf Verkäufer, die sich mit ihnen in Verbindung setzen, um relevante Einblicke und Möglichkeiten zu teilen.
Dieselbe Studie fand heraus, dass Verkäufer, die sich mit Social Selling beschäftigen, 45% mehr Verkaufsmöglichkeiten generieren als andere und 51% mehr Chancen haben, ihre Vertriebsziele zu erreichen.
Dies beweist erneut, dass Vertriebsorganisationen diesen wichtigen Kanal nicht mehr ignorieren dürfen und beginnen sollten, die Vorteile des Social Selling zu nutzen. Das wichtigste dabei ist es, den richtigen Ansatz und die relevante Plattform zu finden.
So wie der traditionelle Verkauf Best Practices hat, so hat auch Social Selling Best Practices. Eine der wichtigsten Regeln dieses Vertriebsansatzes ist es, die potenziellen Kunden nicht zu überfordern oder zu belästigen. Wenn ein potenzieller Interessent eine Verbindung in sozialen Netzwerken ablehnt, ist es nicht angebracht, ihn ständig zu informieren oder zu versuchen, sich mit ihm in einem anderen Netzwerk zu verbinden.
Man sollte sich besser darauf fokussieren, einen echten Mehrwert zu bieten. Denn dadurch werden potenzielle Kunden selbst den Weg zu Ihnen finden. Sie werden Sie finden, wenn sie einen Mehrwert in einer Interaktion mit Ihnen sehen. Bauen Sie Ihren Expertenstatus in der jeweiligen Branche oder Nische auf und seien Sie bereit, Ihre Ansichten öffentlich zu diskutieren. Dies ermöglicht den Beginn von Konversationen und den Zusammenschluss mit Gleichgesinnten.
Dabei brauchen Sie auch eine gewisse Portion Geduld. Social Selling ist kein Ansatz, der sofort funktioniert. Zuerst müssen Sie Ihre Position aufbauen. Dabei ist hartnäckig und beharrlich zu sein der Schlüssel, da es einige Zeit braucht. Aber wenn es richtig gemacht wird, wird es von selbst aufgehen, sobald Sie ein hohes Maß an Vertrauen und Respekt innerhalb Ihrer Branche aufgebaut haben.
Man sollte sich auch gut überlegen, welche Plattformen die richtigen für Sie und Ihr Geschäft sind. Es ist nicht unbedingt sinnvoll überall dabei zu sein. Lieber es auf einem Kanal richtig machen, als auf mehreren nur nebenbei. Denn Social Selling braucht Kontinuität und ist ressourcenintensiv.
Letztendlich muss dieser Vertriebsansatz, so wie jeder andere, strategisch angegangen werden.
Entwickeln Sie eine konkrete Strategie, die auf diesen vier Grundelementen basieren soll: die Zielgruppe, der Kundenmehrwert, die Aktivitätenform und die Plattformen. Das Zusammenspiel dieser vier Elemente wird die richtige Strategie ergeben, die Sie und Ihre Vertriebsorganisation bei der Umsetzung des Social Selling maßgeblich unterstützt.
Machen Sie nicht den Fehler, den viele machen und beginnen sie hier und dort etwas zu posten oder Kontaktanfragen an potenzielle Kunden zu senden. Ohne einen durchdachten Ansatz werden Sie, anstatt an Vertrauenswürdigkeit zu gewinnen, eher an Glaubwürdigkeit verlieren.
Originalartikel: https://www.wissence.at/post/die-wahrheit-ueber-social-selling
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