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DIGITAL SALES TRANSFORMATION

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  • AutorenbildLivia Rainsberger

Vertrieb in Zeiten der Krise: Das Dilemma zwischen Umsatzdruck und Rücksicht


Vertrieb in Krisenzeiten

Seit Tagen beschäftigt mich der Gedanke, was in diesen aktuell ganz neuen und schwierigen Zeiten wohl das richtige Vorgehen für unsere Kollegen im Vertrieb ist:


Aktiv an die Kunden gehen und die eigenen Produkte und Dienstleistungen verkaufen?


Oder lieber Rücksicht nehmen und die Kunden gerade jetzt in Ruhe lassen, da sie womöglich ganz andere Sorgen haben?


Irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit… Aber wie ist es denn genau? Denn man ist selbst unter starkem Druck, ob als Selbstständiger, der nicht weiß, wie er seine Rechnungen zahlt oder als Vertriebsmitarbeiter in einem Unternehmen, der mit der Angst lebt, in die Kurzarbeit geschickt oder schlimmstenfalls gekündigt zu werden.


Denn die Sorge Nummer 1 der meisten Geschäftstreibenden dreht sich aktuell um die Sicherung der Liquidität. Dafür braucht man natürlich kaufende Kunden, die auch ihre Rechnungen pünktlich zahlen.

Diese Sorge haben alle: in erster Linie diejenigen, deren Umsätze von heute auf morgen eingebrochen oder komplett verschwunden sind. Aber auch diejenigen, die aktuell noch gut ausliefern und verkaufen. Auch sie können nicht sicher sein, dass es so bleibt. Denn niemand weiß, wie lange die Situation andauert und was dann „nach der Krise“ wirklich passiert.


So sitzen viele Verkäufer in ihren Büros zu Hause - die oft schnell improvisiert wurden und weit von den optimalen Arbeitsbedingungen sind – und zerbrechen sich die Köpfe, wie sie denn unter den aktuellen Bedingungen zum Geschäft beitragen können. Dies oft zwischen Haustier und Kind, mit wenig Platz und Ruhe.


Viele Fragen schwirren einem durch den Kopf:

  • Soll ich aktiv sein, oder lieber warten, dass Kunden auf mich zukommen?

  • Welche Kunden soll ich angehen?

  • Soll ich aktuell Kundenakquise betreiben?

  • Soll ich anrufen oder lieber Emails schreiben?

  • Macht ein Sonderangebot aktuell Sinn?


Viele meiner Kunden, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, bestätigen mir dieses Dilemma. Einerseits wissen sie nicht, wie sie selbst mit ihren Kunden umgehen sollen und andererseits sind sie von unüberlegten Aktionen mancher Unternehmen besonders genervt.


  • Einer hat mir gesagt, er meldet sich aktuell von allen Newslettern ab, die versuchen, etwas zu verkaufen. Denn er findet das unpassend. Er ist GENERVT.


  • Ein anderer sagte mir, er hat den Gedanken aufgegeben, aktuell Umsätze zu generieren und wartet, bis Kunden von allein auf ihn zukommen. Er ist PASSIV.


  • Ein anderer gab zu, dass er sich in einer tiefen Sinnkrise befindet. Er ist DEPRESSIV.


  • Eine Kundin sagte mir, sie nutzt die ruhigere Zeit und überdenkt ihr Geschäftskonzept und entwickelt Zukunftsstrategien. Sie ist OPTIMISTISCH.


  • Ein anderer war voller Sorge, dass er sein Geschäft durch diese Zeit nicht durchbringt und hat Existenzängste. Er ist VERZWEIFELT.


  • Eine Kundin sagte mir, sie wundert sich über die Dreistigkeit mancher Anbieter, jetzt Sonderangebote rauszujagen. Vor allem im Konsumentenbereich. "Es scheint einfach nicht angemessen zu sein", sagte sie. „Ich komme mir dumm vor, wenn ich Dinge kaufe, die man in Wirklichkeit gar nicht braucht. Andererseits helfe ich womöglich dem Unternehmen, Cashflow Probleme zu lösen.“ Sie ist VERUNSICHERT.


  • Und einer ist ganz aktiv gerade und transformiert die Organisation von „analog“ auf „digital“, hält Webinare und startet eine Offensive auf den sozialen Netzwerken. Er ist AKTIV.

Unterschiedliche Beispiele, die unterschiedliche Perspektiven auf dieselbe Situation bieten.


Wir haben aktuell mit genervten, passiven, aktiven, optimistischen, pessimistischen, verunsicherten und schlimmstenfalls mit komplett verzweifelten Kunden zu tun. Die Wirtschaft leidet, wir leiden und unsere Kunden leiden.


So stellen sich die Fragen:

Wie geht man damit im Vertrieb um?

Sollte man die eigenen Leistungen weiterhin anbieten und versuchen, Geschäfte zu machen?

Ist es ethisch?



Es gibt aus meiner Sicht folgende Optionen:


Unverändert weitermachen: Wir lassen uns von der aktuellen Situation nicht beirren und agieren, als ob nichts gewesen wäre.

FALSCH: denn nichts ist wie vorher, so kann man auch nicht wie vorher weitermachen. Man macht sich dadurch lächerlich.


Durchtauchen und abwarten: Wir verstecken uns, beschäftigen uns mit anderen Sachen und warten ab, bis sich die Situation verbessert.

FALSCH: denn das Schlimmste, was Sie jetzt tun können ist, für Ihre Kunden nicht da zu sein, wenn sie Sie womöglich am meisten brauchen.


Kreativ sein und von der Krise profitieren: Die Situation als Chance nutzen und unter dem Titel/Hashtag „COVID-19“ die eignen Dienstleistungen und Produkte vermarkten.

FALSCH: denn irgendwann wird die Krise vorbei sein und der fahle Beigeschmack wird womöglich bleiben.


Zuhören und Unterstützung bieten:Empathie und Einfühlungsvermögen zeigen und sich vorsichtig an die jeweilige Situation der Kunden herantasten: anrufen und sich erkundigen, ob sie gesund sind, Interesse an Ihrer Situation zeigen und einfach ein offenes Ohr bieten. Empathisch sein und sich in die Situation des Kunden hineinversetzen und dabei nicht versuchen, etwas zu verkaufen.

RICHTIG: So stärken Sie Ihre Kundenbeziehungen und sind für Ihre Kunden in schwierigen Situationen da. Vor allem als Mensch und nicht als Verkäufer oder Geschäftspartner. Denn irgendwann wird auch das vorbei sein und die Kunden werden sich daran erinnern und vielleicht nicht morgen, aber übermorgen auch Geschäfte mit Ihnen machen.

In Krisenzeiten müssen wir für einander da sein. Gemeinsame Sorgen verbinden uns. Geteilte Gefühle und Emotionen stärken Beziehungen zwischen uns. Gebotene Unterstützung berührt und baut Vertrauen auf.

Menschen kaufen bei Menschen und erinnern sich sehr wohl an gute Erfahrungen (sie zeigen es vielleicht in „guten Zeiten“ nicht immer offensiv). Und das sollte - meiner Meinung nach - der Vertrieb jetzt tun:

für Kunden da sein, Verständnis für ihre Situation zeigen, offene Ohren für deren Challenges haben und mit Augenmaß und Herz unterstützen.

Auch wenn es sich vielleicht zu profan und einfach anhört und für den einen oder anderen, der gerade Existenzängste hat, sogar lächerlich. Aber es ist womöglich der einzige Weg, nicht heute und vielleicht auch nicht morgen, aber in der Zukunft wieder gute Geschäfte zu machen. Mit Druck werden Sie heute nichts verkaufen. Mit Hilfe und Unterstützung werden Sie die Zukunft Ihres Geschäftes sichern.

  • Überlegen Sie, was Ihre Kunden gerade brauchen. Reden Sie persönlich, mehr als ein „jetz grad nicht..“ kann Ihnen nicht passieren. Versetzen Sie sich in deren Lage und bieten Sie Unterstützung, sofern es Ihnen möglich ist. Fragen Sie, was Sie aktuell brauchen und versuchen Sie, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Es reicht auch nur aufrichtiges Interesse und Anteilnahme. Das ist NOTWENDIG. Sie als „Vertriebler“ selbst, bekommen ja auch mehr Einblicke und das aus erster Hand von den Betroffenen.


  • Überlegen Sie, welche Informationen Ihre Kunden brauchen. Werden Sie zu einer wertvollen Informationsquelle. Seien Sie proaktiv (ohne zu nerven), und vermitteln Sie, was in dieser Zeit möglich ist und was nicht. Seien Sie ehrlich. Helfen Sie Ihren Kunden, zu einer realistischen Vorstellung zu gelangen, was vor sich geht. Das ist NOTWENDIG.


  • Seien Sie für Ihre Kunden da und machen Sie Ihre Türen weit auf. Kommunizieren Sie und bauen Sie Vertrauen auf, indem Sie transparent und ehrlich sind. Gerade jetzt kann Vertrauen schwinden und Panik sich schneller als jeder Virus ausbreiten. Es ist entscheidend, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Beständigkeit in dieser Krise zu fördern. Das ist NOTWENDIG.

Wir brauchen jetzt alle Unterstützung und müssen für einander da sein, mehr denn je. Aber einer muss ja damit anfangen und das Leben als Pionier sind wir im Vertrieb ja ohnehin gewohnt.


Jetzt ist nicht die Zeit zu verschwinden, sich zu verkriechen, auf andere Helden zu warten oder auf Rettung durch Pressekonferenzen.
Jetzt ist Ihre Zeit, zu glänzen, indem Sie für Ihre Kunden einfach nur da sind.

Originalartikel: https://www.wissence.at/post/vertrieb-in-zeiten-der-krise-das-dilemma-zwischen-umsatzdruck-und-ruecksicht

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